CASA SANT’ANTONIO

Der Verein „Jugend und Familie Heiligkreuz“ hat die Casa Sant’ Antonio am 1. Mai 2014 gekauft. In den anderthalb Jahren ist das Haus vielfältig erneuert worden. Es war unser Ziel, dieses zentrale und schöne Haus des Quartiers der Öffentlichkeit zu erhalten. Diese Absicht konnten wir umsetzen. Ein reges Leben ist eingezogen. Mit einem Durchgang durch das Haus sollen die Aktivitäten hier vorgestellt werden. Wir beginnen unten beim Saal.

Sala Italia

Der Saal im Parterre bietet bis zu 140 Personen Platz zum Essen. Daran angegliedert sind ein Office, eine Küche und eine Vorbereitungszimmer. Der Saal ist praktisch jedes Wochenende vermietet, manchmal am Samstag und Sonntag an verschiedene Personen. Etwa zwei Drittel der Anlässe sind Familienfeste (Geburtstage, Hochzeiten, Taufen, Traueressen). Der Rest umfasst religiöse und nationale Feste und viele Anlässe für einen guten Zweck. Vier verschiedene christliche Kirchen und eine muslimische Glaubensgemeinschaft treffen sich im gleichen Haus. Sie beten hier und feiern Feste. Die kleine Bühne bietet Chören, Musikgruppen und Referenten Platz. Viele Gruppen kochen auch ihre Speisen in der Casa. Die sehr gute Ausnützung hängt mit den erschwinglichen Mieten zusammen. Die Vermietungen verlaufen zu über 90% problemlos. Alle, die wiederkommen wollen, nehmen Rücksicht auf den Raum und das Quartier.

Der eritreische Kirchenmaler Haileab Kebreab hat einen Zyklus der italienischen Immigrationsgeschichte an die Wand gemalt. Fotos, auch solche aus dem Quartier, dienten dabei als Vorlage. Der Saal trägt den Namen „Sala Italia“ als Hommage an die Italiener, die das Quartier und die Casa Sant’ Antonio gebaut haben. Sie steckten sehr viel Freiwilligenarbeit in unsere Räume. Auf der Sockelleiste stehen die Namen von 40 italienischen Vereinen, die sich um die Immigranten gekümmert und das soziale Leben organisiert haben. Einige davon gehen bis heute im Saal ein und aus.

Im ehemaligen Stuhlmagazin des Saales befindet sich die Krippe. Wir haben sie restauriert und erweitert. 2000 Personen haben sie über Weihnachten besucht. Arbeitssuchende betrieben ein Krippen-Café. Wir sind sehr glücklich, dass wir dieses Erbe der Italiener erhalten, ja noch schöner, verspielter und stimmungsvoller machen konnten. In ein, zwei Jahren werden fast alle St. Galler wissen, wo die Casa Sant‘ Antonio steht: Dort, wo die Krippe steht.

Kapelle Sant’ Antonio

Über dem Saal befindet sich die Kapelle Sant’ Antonio. Sie ist immer geöffnet und bietet 50 Personen Platz. Sie wird täglich aufgesucht von Leuten, die hier beten, eine Kerze anzünden wollen oder ein paar Augenblicke Stille suchen. Am Sonntag feiern hier orthodoxe Christen aus Eritrea Gottesdienst. Manchmal besuchen wir die Kapelle mit den Schülern. Eucharistiefeiern finden keine mehr statt.

Wir sind glücklich, dass wir diese Kirche erhalten konnten. Sie wird das Leben in der Casa Sant‘ Antonio weiterhin prägen. Die Kapelle war der Ort, wo die Italiener die harten Erfahrungen der Einwanderung („Tschingge“) verarbeiten konnten. Bei ihrem wichtigsten Heiligen, Antonius von Padua, haben sie gebetet. Der kleine, aber liebevoll eingerichtete Andachtsraum war das Herzstück der Missione Italiana. Er half den Einwanderern, im rohen und oft abweisenden Klima die Würde zu bewahren, das Heimweh zu verkraften, Freunde zu finden und die italienische Kultur weiter zu pflegen. Die oft hingelegten Blumen in der Kapelle zeugen davon, dass viele Italiener die Antonius Kapelle wertschätzen, auch nach ihrem wirtschaftlichen Aufstieg.

Sozialdienst, Gruppenraum, Büros

Über der Kapelle befindet sich ein Gruppenraum für 20-30 Personen. Hier treffen sich z. B. Leute mit einem pensionierten Lehrer zu Computer-Kursen. Italiener schauen miteinander einen Fussballmatch(und kommentieren ihn). Eritreer versammeln sich monatlich, um ihren Landsleuten bei der Integration zu helfen.

Drei Räume hat der italienische Sozialdienst ACLI bezogen. Mit 140 Stellenprozent beraten die Sozialarbeiter ihre Landsleute. Es werden Rentenanträge im In- und Ausland gestellt und betreut. Alles um die italienische Rente wird abgewickelt, wie zum Beispiel Adressänderungen, Forderungen ausstehender Zahlungen, Todesmeldungen etc. Wer eine italienische ID braucht oder den Pass erneuern muss, kann sich auch an diese Stelle wenden.

Auf dem gleichen Stock haben die Alpini einen Vereinsraum. Sie haben miteinander zwei Jahre Dienst im Gebirge geleistet. Sie pflegen weiterhin die Freundschaft untereinander. Auf gleicher Ebene befinden sich das Treuhandbüro von Leo Metzger, der unseren Verein verwaltet, und die Wohnung des ehemaligen Italienerseelsorgers P. Emilio Bernardini. Padre Emilio arbeitete 32 Jahre lang in der Missione Cattolica Italiana, die meiste Zeit als deren Leiter. Heute öffnet und schliesst er die Kapelle. Er ist ein viel gefragter Priester für italienische Gottesdienste ausserhalb des Bistums.

Wohngruppe und orthodoxe Kirche

Der zweite Stock erschliesst nochmals eine andere Welt. In der grössten Wohnung des Hauses hat das Blindenheim Obvita eine Wohngruppe für Erwachsene im Erwerbsalter ins Leben gerufen. Jedes Zimmer hat eine eigene Toilette und Dusche. Küche und Stube teilen die vier jungen Leute miteinander.

Nebenan haben rumänisch-orthodoxe Christen eine Kirche mit einer Ikonostase eingerichtet, dazu ein Sprechzimmer für Seelsorgegespräche und ein Sitzungszimmer mit Kochnische. Die Rumänisch-Orthodoxen treffen sich sonntags und einmal unter der Woche. Für grosse Anlässe mieten sie den Saal dazu. So haben sie für fast jeden Bedarf einen Raum in der Casa Sant‘ Antonio.

Im obersten Geschoss befinden sich nochmals drei Wohnungen, die wir an zwei Familien und eine Einzelperson vermietet haben. Die Wohnungen helfen wesentlich mit, das Haus zu finanzieren.

Soziale Festkultur

Der Verein „Jugend und Familie Heiligkreuz“ hat keine Gewinnabsichten. Mit Überschüssen helfen wir Armutsbetroffenen und finanzieren z. B. Krankheitskosten und Auslagen bei Schicksalsschlägen. Wir wollen allen Familien, unabhängig von ihren Einkünften,  Familienfeste ermöglichen. Denn Feste führen zusammen und verbinden die Generationen. Sie schenken Geborgenheit, weil sie jeden so akzeptieren, wie er ist. Feste sind Orte, wo viele Menschen Sinn erfahren und ihren Platz entdecken. Dies wollen wir fördern und mithelfen, dass in den Familien ein Netz entstehen kann, das trägt und Halt gibt. Viele helfen uns in dieser Aufgabe z. B. Vittorio Carangelo, der jede Woche den Saal reinigt, oder die Asylanten aus dem Solidaritätshaus, die hier ihre Putz-Praktika durchführen.

Das ganze Haus ist vermietet. Die Casa Sant‘ Antonio steht finanziell auf gutem Fundament. Sie ist ein schönes Beispiel, dass sich der Einsatz für die Öffentlichkeit lohnt. Die Casa ist nur ganz knapp der Privatisierung entgangen. Um ein Haar wäre die Kapelle ausgeräumt worden, die Krippe verschwunden und der Saal nicht mehr für alle benutzbar. Der Erfolg ermuntert dazu, sich für das Quartier einzusetzen. Das war schon beim Fussballplatz im Buchwald der Fall und ebenso beim Einsatz für den Waltramsberg.

Peter Oberholzer